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Förderung nach EEG  
19.09.2018

Clearingstelle zum Gebäudebegriff des EEG

ESV-Redaktion Recht
EEG-Clearingstelle: Ehemaliger Bunker und Deponie ist kein Gebäude (Foto: KOKALA VIEW/Fotolia.com)
Wird Strom aus einer Fotovoltaikinstallation auf einer Deponie, die früher auch als Bunker und Lager genutzt wurde, gemäß EEG 2014 gefördert? Ist der Deponiekörper überhaupt ein Gebäude im Sinne von EEG 2014? Diese Fragen hat die EEG-Clearingstelle aktuell entschieden.

Gegenstand des schiedsrichterlichen Verfahrens war die Förderhöhe nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) für die Fotovoltaikinstallation der Schiedsklägerin auf dem Gelände einer Altdeponie mit Bunker. Die Stollen und Kammern des Luftschutzbunkers wurden nach Kriegsende als Lager genutzt. Im Bebauungsplan von 2014 ist als Ausgleichs- und Ersatzmaßnahme für die Errichtung des Solarparks unter anderem vorgesehen, dass die Luftschutzanlage durch verschiedene bauliche Maßnahmen als Winterquartier für Fledermäuse herzurichten ist. Dabei wurden die noch vorhandenen Zugänge – mit einer Ausnahme – zugemauert und lediglich mit Einflugöffnungen versehen. Die Solarmodule wurden unmittelbar auf dieser Anlage angebracht.

Winterquartier für Fledermäuse als Gebäude?

Die Parteien sind sich darüber einig, dass der Deponiekörper eine sonstige bauliche Anlage ist und die Schiedsklägerin jedenfalls einen Anspruch auf die Marktprämie nach §§ 19 Absatz 1 Nr. 1, 34 i.V. m. § 51 Absatz 1 Nr. 1 EEG 2014 hat.

Schiedsklägerin: Deponiekörper ist Gebäude

Die Schiedsklägerin meint aber, der Deponiekörper wäre darüber hinaus ein Gebäude nach § 5 Nr. 17 EEG 2014. Die Gänge würden als Winterquartiere die Fledermäuse schützen.

Schiedsbeklagte: Vorrangiger Schutzzweck des EEG wird verfehlt 

Die Schiedsbeklagte zweifelt hingegen daran, ob die Deponie ein Gebäude im Sinne des EEG 2014 ist. So wäre nicht sicher, ob der vorrangige Schutzzweck des EEG bei einem Winterquartier für Fledermäuse erreicht werde und ob ein funktionaler Zusammenhang zwischen der Überdeckung, der Betretbarkeit und dem aktuellen Schutzzweck als Fledermausquartier bestehe.

Im Wortlaut: EEG 2014 - § 5 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieses Gesetzes ist oder sind (...)

17. „Gebäude“ jede selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage, die von Menschen betreten werden kann und vorrangig dazu bestimmt ist, dem Schutz von Menschen, Tieren oder Sachen zu dienen, (...)

Clearingstelle: Deponie kein Gebäude

Die Clearingstelle hat im Ergebnis die Gebäudeeigenschaft der fraglichen Anlage verneint. Hierbei stellte die Clearingstelle folgende Überlegungen an: Zwar sind die einzelnen Definitionsmerkmale des Gebäudes für sich genommen erfüllt, es fehlt aber am funktionalen Zusammenhang zwischen diesen Merkmalen. Zu den Merkmalen:
  • Bauliche Anlage und Betretbarkeit ja: Bei der Deponie in ihrer konkreten Gestalt als ehemalige Luftschutzanlage, Lager bzw. künftiges Fledermausquartier handelt es sich um eine selbständig benutzbare, überdeckte bauliche Anlage. Hierunter ist jede mit dem Erdboden verbundene, aus Bauteilen und Baustoffen hergestellte Anlage zu verstehen. Die Deponie kann von Menschen auch aufrecht gehend betreten werden. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, dass der Deponiekörper nur in dem begrenzten Bereich der Stollen und Kammern betretbar ist. Unerheblich ist, dass die Zugänge überwiegend – bis auf eine Ausnahme – zugemauert worden sind, weil die Betretbarkeit auch dann noch gegeben ist, wenn von den ursprünglich vorhandenen Zugängen mindestens einer übrig bleibt.
  • Funktionaler Zusammenhang mit Schutzzweck nein: Weitere Voraussetzung für ein Gebäude im Sinne des EEG ist, dass die Betretbarkeit und die Überdeckung der baulichen Anlage mit dem Schutzzweck in einem unmittelbaren funktionalen Zusammenhang stehen müssen. Hier steht die Betretbarkeit nicht in einem unmittelbaren funktionalen Zusammenhang mit dem Schutz der Fledermäuse in ihrem Winterquartier. Der Umweltbericht zum Bebauungsplan verlangt ausdrücklich, dass es sich um eine verschließbare Tür handeln muss, woraus geschlossen werden kann, dass das Winterquartier nicht unkontrolliert von Menschen betreten werden darf. Dies ist aus Sicht des Artenschutzes auch folgerichtig, denn Fledermäuse dürfen in ihren Winterquartieren nicht gestört und beunruhigt werden, weil dies den Erschöpfungstod für die Tiere bedeuten kann.
Hintergrund – Die Clearingstelle und ihre Aufgaben
Die Clearingstelle ist eine neutrale, unabhängige und weisungsfreie Einrichtung zur Klärung von Streitigkeiten und Anwendungsfragen des EEG sowie seit dem 1. Januar 2018 auch des KWKG. Im schiedsrichterlichen Verfahren wird die Clearingstelle als Schiedsgericht im Sinne des 10. Buches der ZPO tätig. Dabei werden rechtliche und technische Fragen des EEG und KWKG im Einzelfall geklärt.

Ein schiedsrichterliches Verfahren wird nur auf übereinstimmenden Wunsch aller Beteiligten durchgeführt; eine einseitige Rechtsberatung erfolgt nicht. Das Ergebnis, in der Regel der Schiedsspruch, ist für die Beteiligten rechtsverbindlich. Da die Clearingstelle im schiedsrichterlichen Verfahren Beweis erheben kann, sind für schiedsrichterliche Verfahren insbesondere Streitigkeiten geeignet über
  • die Anwendung von Hinweisen und Empfehlungen der Clearingstelle auf den konkreten Einzelfall,
  • Tatsachen, deren Vorliegen Voraussetzung für einen Anspruch aus dem EEG oder KWKG ist, und
  • Fragen des Netzanschlusses und des Netzausbaus.
Quelle: PM der EEG-Clearingstelle zum Schiedsspruch vom 24.05.2018 - AZ: 2018/16

Unser jüngster Beitrag zum Energierecht

Frenz/Müggenborg/Cosack/Hennig/Schomerus, der Kommentar zum EEG

Übersichtlich, leicht verständlich und praxisorientiert wie eh und je. Das Wichtigste im Überblick:
  • Kompletter Systemwechsel von garantierten Vergütungen zur Ausschreibung
  • Beschneidung der Privilegien für Bürgerenergie
  • praxisrelevante Regelungsänderungen bei Anlagenzusammenfassungen
  • unionsrechtliche Auswirkungen auf EEG-Umlage und Mieterstrom
Das Urteil der Fachwelt: „Ein ausgezeichneter Kommentar auf hohem Niveau, der die kaum mehr überschaubare und komplexe Materie des EEG fachkundig und mit Blick auch für technische Fragestellungen erläutert.“ RA Prof. Dr. Alexander Schink, StS a.D., in UPR 3/2016.

(ESV/cw)
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